23.04.25

Vom Heidekraut zum Inselwald – Wie Amrum grün wurde

Amrum, die kleine Nordseeinsel mit dem großen Naturerbe, war einst eine baumlose Landschaft – geprägt von endlosen Heideflächen, salzhaltigem Wind und offenen Horizonten. Wer heute durch die schattigen Wälder rund um Nebel oder den Leuchtturm spaziert, kann kaum erahnen, dass dieses grüne Inselbild das Ergebnis jahrzehntelanger Aufforstungsbemühungen ist. Die Geschichte des Amrumer Inselwaldes ist ein faszinierender Wandel vom kargen Geestkern zur grünen Oase.

Heide soweit das Auge reicht: Amrums ursprüngliche Landschaft

Bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts bestand ein großer Teil des Geestkerns von Amrum aus offener Heide. Besonders rund um Norddorf konnte man noch in den 1950er Jahren den Blick ungehindert bis zum Leuchtturm schweifen lassen – keine Bäume versperrten die Sicht. Die Heide galt lange Zeit als natürliche Endstufe der Vegetation – besonders, da die salzhaltigen Nordwinde jegliche Versuche, Bäume in Gärten zu pflanzen, zunichtemachten.

 

Erste Aufforstungsversuche im 19. Jahrhundert

Ein Umdenken begann im 19. Jahrhundert. Rund um die neu errichtete Vogelkoje bei Nebel begann man ab etwa 1865, erste Erlen, Birken und Pappeln zu pflanzen. Diese sollten dem Vogelkojenwärter bei seinen Pirschgängen Deckung bieten – mit mäßigem Erfolg, denn das raue Klima hemmte das Wachstum.

 

Der Wald nimmt Wurzeln – Aufbruch im 20. Jahrhundert

Erst in den frühen 1900er Jahren kam Schwung in die Aufforstung: Im „Mantje-Tal“ bei der heutigen Fachklinik Satteldüne pflanzte man Birken, die sich bis heute zu einem zauberhaften Hain entwickelt haben. Parallel begann man westlich von Nebel mit Kiefernpflanzungen, die sich schnell als robust erwiesen und den Grundstein für den heutigen Inselwald legten.

In den folgenden Jahrzehnten entstanden weitere Waldflächen rund um Norddorf, den Leuchtturm und in den Inselorten selbst. Besonders Pappeln, Ulmen und Birnbäume bewährten sich im Inselklima. Auch Privatpersonen begannen nun, Bäume zu pflanzen.

 

Nachkriegszeit: Strukturierter Waldaufbau

Nach dem Zweiten Weltkrieg engagierten sich die Inselgemeinden, der Amrumer Forstverband und später das Kulturamt Flensburg in großflächigen Aufforstungsprojekten. Ziel war es, Erholungsräume zu schaffen und die Naturvielfalt zu fördern. Doch die Aufforstung hatte mit Rückschlägen zu kämpfen: Wildkaninchen fraßen Jungbäume, und später bedrohten Ostschermäuse die frischen Pflanzungen – teils mit drastischen Maßnahmen wie Giftaktionen.

 

Die Schwarzkiefer – Heldin des Inselwaldes

Letztlich war es die Schwarzkiefer, die sich als besonders widerstandsfähig erwies. Ihr dichter Wuchs bot Schutz für andere, empfindlichere Baumarten – der Wald konnte sich ausbreiten. Rund 200 Hektar wurden bis in die 1960er Jahre aufgeforstet, etwa 10 % der gesamten Inselfläche.

 

Kritik, Rückbau und neue Impulse

Trotz aller Bemühungen regte sich bald Kritik: Viele wünschten sich die offene Heidelandschaft zurück, die das Bild der Insel über Jahrhunderte geprägt hatte. In den 1960er Jahren wurde die systematische Aufforstung eingestellt. Doch der Wald war inzwischen gewachsen – und wurde zum geschätzten Erholungsort für Einheimische und Gäste.

 

Seit 2001: Naturschutz durch Engagement

Der Orkan „Anatol“ im Jahr 2001 hinterließ tiefe Spuren im Amrumer Wald. Seither engagiert sich die Umweltorganisation Bergwaldprojekt e.V. regelmäßig auf der Insel. Freiwillige helfen dabei, beschädigte Flächen zu pflegen, Lücken zu schließen und die Zukunft des Inselwaldes naturnah zu gestalten.

 

Fazit: Der Amrumer Inselwald – Geschichte eines grünen Wunders

Was heute selbstverständlich erscheint, ist das Ergebnis einer langen Entwicklung: Der Amrumer Inselwald ist ein grünes Juwel inmitten einer oft rauen Küstenlandschaft. Entstanden aus Mut, Geduld und Naturverständnis, bietet er heute Schutz, Erholung und ein einmaliges Naturerlebnis für alle, die Amrum zu Fuß oder mit dem Rad entdecken.