22.10.21

Amrumer Dünenlanschaft

So soll es begonnen haben: Schenken wir den alten Sagen Glauben, fanden die Amrumer einst am Strand einen Toten und begruben ihn auf die ihnen bekannte christliche Art und Weise. Kurze Zeit später soll es jedoch zu einem fürchterlichen Sturm gekommen sein, der Unmengen von Sand auf den Strand spülte und sich zu Dünen auftürmte, Marsch und Ackerland verschüttete, ja sogar die Inseldörfer bedrohte.  Ein weiser alter Mann stellte die Vermutung an, dass es sich bei dem Toten am Strand eventuell um einen Wassermann gehandelt habe, den das Meer zurückhaben will.

Er verlangte, ihn wieder auszugraben um nachzuschauen, ob der Tote an seinem Daumen sauge. Wäre das der Fall, handele es sich eindeutig um einen Wassermann. Die Amrumer taten wie der alte Mann es wünschte und tatsächlich: der Tote vom Strand hielt wirklich seinen Daumen im Mund!

Schnell lud man ihn auf ein Fuhrwerk und brachte ihn zurück ins Meer. Zeitnah mit der Rückgabe des Toten an das Meer beruhigte sich der Sturm, aber die Dünen sind bis heute geblieben. Soweit die Sage….

Bezüglich der Entstehung und die Tatsache, wie es zur Bildung der Amrumer Dünen kam, haben die Wissenschaftler bis heute unterschiedliche Meinungen. Es fehlt immer noch an gesicherten zeitlichen Nachweisen über die Entstehung der Dünenlandschaft auf Amrum, relativ sicher ist jedoch bewiesen, dass sie nach der Wikingerzeit, vermutlich sogar erst nach dem 14. Jahrhundert entstanden.

Fest steht auch, dass für die seinerzeitigen Insulaner auf Amrum die Bildung der Amrumer Dünen eine Katastrophe war. Es verschwanden nicht nur die ihnen altbekannten Siedlungsplätze, sondern ebenfalls fast die Hälfte des Landes zum Getreideanbau unterhalb der Dünen auf der Inselgeest. Es ist gut vorstellbar, dass dies die Insulaner zu dem Entschluss kommen ließ ihr Glück beim Walfang und der Seefahrt zu suchen.

Betrachtet man von der  höchsten Aussichtsdüne in Norddorf oder vom Leuchtturm aus diese einzigartige Landschaft, könnte man meinen sie wäre in ihrem Durcheinander von Tälern und Hügeln aus einer Laune der Natur heraus erschaffen worden.

Und doch ist im zunächst vermuteten Chaos für den aufmerksamen Betrachter eine Gesetzesmäßigkeit erkennbar. Im Großen und Ganzen ist die Bildung der Dünenlandschaft auf Amrum wohl abgeschlossen. Strandseitig erfolgt nur wenig neue Sandzufuhr in dieses Gebiet.

Lediglich vorm Dünenzug des Strandes können von Zeit zu Zeit noch neugebildete Dünen entdeckt werden, denn der über den Kniep aufgewehte Sand bleibt in diesem Bereich liegen; ganz besonders zu beobachten zwischen Nebel und dem Wriak-Hörn, Amrums großen, einzigartigen Süßwassersee. Hier sind während der vergangenen Jahrzehnte Stranddünen herangewachsen.

Drei Wanderdünen mit ihrem immer wehenden Sand gibt es derzeit noch auf Amrum, die eine finden wir westlich von Norddorf, eine in der Nähe der Vogelkoje und eine östlich gelegen vom Skalnastal, wobei die Wanderdüne an der Vogelkoje als ganz besonders beeindruckend  zu beschreiben ist. Sie ist in Länge und Breite fast gleichen Maßes, nämlich cirka 300 Meter. Die riesigen Heide- und Grastäler sind hierzu das Gegenstück und haben sich über viele Jahrhunderte hinweg nicht verändert.